Ansetzungspolitik umkehren


In diesen Tagen freuen sich alle Anhänger der mitteldeutschen Vereine auf den Start der neuen
Spielzeit. Es steht fest, an welchen Wochenenden die Duelle anstehen, die Derbys, lange Strecken
und neue Stadien.
Bei der Saisonplanung und -vorbereitung sind die Vereine und deren Anhängerschaft erneut
Unsicherheiten ausgesetzt. Seit Jahren ist es in der Regionalliga Nordost Realität, dass die exakten
Spielansetzungen extrem kurzfristig erfolgen. Dies erzeugt bei den Vereinen signifikante
Mehraufwände in der kurzfristigen Organisation von Heimspielen oder Reisen zu Auswärtsspielen.
Dabei nimmt der zuständige Nordostdeutscher Fußballverband (im Folgenden NOFV) unzureichend
Rücksicht auf die Rahmenbedingungen der Vereine und strapaziert damit zusätzlich personelle
Ressourcen, die unterhalb des Profifußballs nur begrenzt zur Verfügung stehen.
Ebenso belastet die kurzfristige Terminierung immer stärker die Basis des Fußballs: die Fans in den
Stadien. Spielbesuche des eigenen Vereins können häufig erst spät geplant werden und setzen eine
hohe Flexibilität bei Auswärtsspielen voraus. Dabei erzeugen die Zuschauer im Stadion verlässlich
eine einzigartige Atmosphäre und ermöglichen damit eine hohe Vermarktungsrelevanz der
Regionalliga im NOFV-Gebiet. In Folge wächst der Einfluss der Fernsehanstalten auf Anstoßzeit
zunehmend. Spielpaarungen richten sich beliebig nach den Sendezeiten, ohne dabei die
Auswirkungen für die Fans im Blick zu behalten. Die aktuellen Entwicklungen haben einen Punkt
erreicht, an dem vereins- und fanunfreundliche Anstoßzeiten nicht mehr hinnehmbar sind.
Zum ausschlaggebenden Fall:
Der NOFV setzte das Derby der beiden größten Thüringer Vereine am Wochenende der in diesem
Jahr anstehenden Landtagswahlen im Freistaat an. Die staatliche Exekutive kassierte den Termin auf
Grund der Nichtverfügbarkeit von genügend Einsatzkräften. Eine absehbare Situation, nicht jedoch
für die Staffel-Verantwortlichen beim NOFV.
Es folgte eine Neuansetzung, welche noch mehr Unverständnis auslöst. Neuer Termin: Mittwochs, 17
Uhr. Interessiert es die Ansetzenden, wie 15.000 Zuschauer im Feierabendverkehr pünktlich ins
Stadion gelangen? Berufstätige Stadionbesucher, schulpflichtige Kinder, Anreisewege von Gästefans
oder Fans von außerhalb scheinen in der Entscheidungsfindung des NOFV keine Beachtung zu finden.
Ebenso wenig, wie die zusätzlichen Herausforderungen des gastgebenden Vereins, ausreichend
geschulte Personen für den Sicherheitsdienst, Versorgungsstände und organisatorische Aufgaben
gewinnen zu können, die weitestgehend durch Nebenjobs abgesichert werden, welche an Werktagen
noch viel schwieriger zu bewältigen sind?
In der Kommunikation setzte der NOFV der Farce die Krone auf. Im Rahmen der offiziellen
Bekanntgabe am 12. Juli verkündete der Verband, dass sich „alle Beteiligten auf diese Anstoßzeit
geeinigt“ haben. Sowohl der FC Carl Zeiss Jena als Gastgeber als auch der FC Rot-Weiß Erfurt als Gast
haben im Nachgang öffentlich dargestellt, dass sie diesen Termin bereits in der Anbahnung
abgelehnt haben. Eine Einigung gab und gibt es nicht. Der Verband hat ohne Not über die Köpfe der
beteiligten Vereine entschieden und ein scheinbar offenes Programmfenster im MDR-Fernsehen
auffüllen müssen. Hier werden also die Interessen eines TV-Senders zur Erhöhung der
Einschaltquoten stärker als sämtliche Probleme der Vereine in den Vordergrund gerückt.
Zum Hintergrund:
Der Mitteldeutsche Rundfunk ist nur mittelbar mit dem Nordostdeutschen Fußballverband
vertraglich verbunden. Letzterer verhandelt seine TV-Vermarktung mit dem privaten Unternehmen
„Ostsport.tv“. Über die vertraglichen Details ist Stillschweigen vereinbart. Bekannt ist jedoch, dass beispielsweise der FC Carl Zeiss ca. 8.000 Euro pro Saison aus diesem Topf erhält. Diese Summe in
Relation zu den oben beschriebenen Belastungen und Mehrausgaben in der Konsequenz kurzfristiger
und unattraktiver Termine, werfen ein katastrophales Licht auf die Ansetzungspolitik des Verbandes.
Jetzt ist Schluss mit dem stillschweigenden Akzeptieren einer Ansetzungswillkür, die die Interessen
von Vereinen und deren Anhängerschaft nicht ausreichend berücksichtigt. Wir stehen jetzt auf und
setzen uns gemeinsam für einen nachhaltigen Wandel für fanfreundliche Anstoßzeiten ein. Wir
sind nicht länger bereit, als Spielball der Vermarktung zu funktionieren und für Sendelücken
zusätzliche Belastungen für Vereine und Fans in Kauf zu nehmen.
Für eine positive Veränderung fordern wir die Umsetzung folgender Punkte vom NOFV:

  • (1) ein klares Bekenntnis vom Verband zur Ermöglichung von langfristigen Ansetzungen, welche
    die Planungssicherheit für Vereine und Anhänger deutlich erhöhen.
  • (2) ein gemeinsam und auf Augenhöhe mit den Vereinen klar abgesteckter Rahmen, in welchen
    Termin- bzw. Tageszeitkorridoren Ansetzungen möglich sind. Dies schließt Wochenend- und
    Wochentags-Termine ein.
  • (3) Berücksichtigung von bereits frühzeitig bekannten, übergeordneten Hinderungsgründen (z.B.
    Feiertage, Wahlen etc.) in der Staffelplanung vor Saisonbeginn.
  • (4) eine sofortige Annullierung der aktuellen Thüringenderby-Ansetzung und einen zeitnahen
    ehrlichen Austausch mit dem Ziel, eine für alle Beteiligten stemmbare und attraktive Terminierung
    zu erreichen.
    Der Fußball lebt von seinen Vereinen und Fans – in der Regionalliga noch viel mehr als in anderen
    Ligen und diese Interessen müssen im Fokus der Verbände stehen.
    Ansetzungspolitik jetzt reformieren!
    Vereine und Anhänger respektieren!

SÜDKURVE JENA (FC Carl Zeiss Jena)
STEIGERWALDKURVE ERFURT (Rot-Weiß Erfurt)
ULTRAS 1. FC LOK (1. FC Lokomotive Leipzig)
ULTRAS CHEMNITZ 1999 (Chemnitzer FC)
HFC-FANKURVE (Hallescher Fussballclub)
NORDKURVE BABELSBERG (SV Babelsberg 03)
FANSZENE ZWICKAU (FSV Zwickau)
FANSZENE BFC DYNAMO (BFC Dynamo)
BADKURVE PLAUEN (VFC Plauen)